Dienstag, 24. April 2012

Das Ende des furiosen Thrillers tröstet

"Heute mal mit einer Betrachtung zu Christine Lehmanns neuestem Buch Totensteige, das nicht nur wegen seines kolossalen Umfangs ein anhaltendes Nachdenken und Vergnügen bereitet." So beginnt die Krimilady  Henny Hidden ihre fulminante Rezension. 

"Wer sich sofort umdreht und ausspeit, wenn er von Parapsychologie und dem ganzen Spuk hört, wird nie das Herzklopfen spüren, wenn sich Tische heben und sich Verblichene aus dem Totenreich melden. Er wird nie an seiner Geisteskraft zweifeln und wird es nie bereuen. Dabei kann eine Grenze zu überschreiten durchaus Vergnügen bereiten. Ohne Opferbereitschaft keine Grenzerfahrung." (...)
"Gemäß dem italienischen Filmtitel „Knallt das Monster auf die Titelseite“ müssen Nerz und Weber ohnmächtig erdulden, dass sie zu Getriebenen werden, die ihre Entscheidungsfähigkeit einbüßen. Von außen als German Angst klassifiziert, von innen als ausgeprägtes Sicherheitsdenken beschworen, eint sich ein Volk bei der Teufelsaustreibung. Ein Volk, das sich gerne auf seinen Couchen fläzt, und sich nebenbei gesagt intellektuell am meisten bei Whodunnit Krimis herausgefordert fühlt, will die Wirklichkeit weder mit unwägbaren Konflikten noch mit unwägbaren Gespenstern ertragen. Sollen es doch die Politiker richten. Und sie richten es auch. (Dass den politischen Zauberlehrlingen jedoch bei ihrer Götzenanbetung kein irdischer Meister helfen kann, steht auf einem anderen Blatt.) Im Roman wird es ein Weltlenkungsausschuss sein, der die aufkeimende Angst der Politiker vor dem Aufstand der Massen mindern soll, indem er so tut, als ob er etwas tut."  

Henny Hiddens Fazit: 
"Christine Lehmanns Krimi ist ein Mammutbuch mit starken thrillermäßigen Elementen, das sich durchaus für eine Verfilmung anbietet. An der Autorin gefällt mir ihre unbändige Lust am Fabulieren, ich bewundere, wie sie eine wendungsstarke Handlung mit intellektuellen Fragestellungen zu verzahnen versteht, und immer wieder begeistert sie mich mit ihren detailverliebt ausgemalten Szenen."
Henny Hidden, Die Krimilady