Mittwoch, 4. Mai 2016

Vom Umschlag der Rechthaberei in Gewalt

Ratlos unter radikalen Veganern - so titelt Thomas Klingenmaier seine Rezension meines Krimis Allesfresser, den ich vergangenen Montag in Stuttgart vorgestellt habe. 

„Allesfresser“ liest sich wie die problembewusste Fortsetzung von Wolfgang Schorlaus „Am zwölften Tag“." meint Klingenmaier. "Lehmann aber denkt sich selbst und den Leser konsequent in die Sackgasse des aufrechten Tierschutzes. Egal, was er wie tut, der Mensch beutet andere Kreaturen aus. Jene verhärmten Gestalten des Romans, die radikal anders zu leben versuchen, sind keine Witzfiguren, sondern meist tragisch Scheiternde. Allerdings wird auch eine andere Lisa-Nerz-Tradition fortgesetzt: Diese Krimis suchen die gefährlichen Schnittstellen von Persönlichkeitsstörungen und Ideologiestarre, den Umschlag der Rechthaberei in Gewalt."

Den ganzen Artikel gibt es hier bei der Stuttgarter Zeitung.

Thomas Wörtche hat im Deutschlandradio Kultur meinen Krimi ebenfalls besprochen. Sein Resümee: "Allesfresser" ist, so gesehen, eher ein Diskurs-Roman als ein Action-Roman oder ein psychologischer Roman. Denn die Diskurse, die verhandelt werden, sind keine abstrakten, direkt auf die Handlung und auf die Figuren hin entworfenen Positionen, sondern solche, die im nicht-fiktionalen Bereich unseres Alltags eine große Rolle spielen und jederzeit off- und online zur Verfügung stehen.
"Allesfresser" gehört also zu der Gruppe "politischer Kriminalromane", in denen sich fiktionale und nicht-fiktionale Narrative durchmischen und dadurch neu positioniert werden. Man könnte "Allesfresser" mit Fug und Recht als "Roman der Einmischung" bezeichnen, weil er die richtigen Fragen stellt, ohne dass er die Antworten zu kennen behauptet; auch wenn die Konvention, der zufolge am Ende ein Täter gefunden sein muss, aus Gründen der breiten Kommunizierbarkeit erfüllt wird.
Eine Art Quadratur des Kreises, die Christine Lehmann höchst unterhaltsam und vergnüglich gelungen ist."